Über die Spuren der Vergangenheit zu partnerschaftlichen Beziehungen

DEB-Seminarreise nach Breslau und Umgebung in Polen

Wiesbaden. Das von dem Deutsch- Europäischen Bildungswerk in Hessen e.V. veranstaltete Seminar aus der vom Bundesministerium des Inneren geförderten Reihe „Begegnung und Verständigung“ war wieder spannend vom ersten bis zum letzten Tag. Unter Leitung von Präsident Georg Stolle, Bürgermeister a.D. aus Bensheim und Assistenz des Landesvorsitzenden des Bundes der Vertriebenen in Hessen, MdL a.D. Siegbert Ortmann aus Lauterbach nahmen rund 40 Teilnehmer überwiegend aus Hessen letzte Woche an einer einwöchigen Polenreise unter dem Motto „Über die Spuren der Vergangenheit zu partnerschaftlichen Beziehungen“ teil und besuchten in diesem Zusammenhang die Orte Schweidnitz, Kreisau und Breslau in Niederschlesien. Insgesamt ging es dort an fünf aufeinanderfolgenden Seminartagen um insgesamt über 25 Programmpunkte mit rund 20 hochinteressanten Referaten zu geschichtlichen und aktuellen gesellschaftspolitischen Themen im Verhältnis von Polen und Deutschland.

So begrüßte im Rathaus von Breslau, der europäischen Kulturhauptstadt 2016, der Stadtverordnetenvorsteher Dr. Jacek Ossowski die deutschen Gäste sehr herzlich und wies dabei auch auf die besonderen Beziehungen und Kontakte seiner Stadt mit den zahlreichen europäischen Partnerstädten hin, darunter auch die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden. Und die überaus wechselvolle Geschichte von Breslau und seinen unterschiedlichen Landesherren, aber auch die breite jüdische Vergangenheit in dieser Region vermittelte sehr eindrucksvoll der Besuch des städtischen Museums im historischen Königsschloss und die Besichtigung der Synagoge „zum weißen Storch“. Die gegenwärtige Situation zwischen Polen und Deutschland wurde vor allem bei den umfangreichen Universitätsbesuchen sehr anschaulich von Lehrstuhlinhabern dieser Bildungsstätten dargelegt und mit den Seminarteilnehmern äußerst lebhaft diskutiert. Und wie immer bei diesen ausländischen Begegnungen gehörte natürlich auch diesmal wieder die Kurzbesichtigung einer bilingualen Bildungsstätte, der Gesamtschule Nr. 5 in Breslau, mit Teilnahme am Schulunterricht in verschiedenen Fächern auf dem Programm.

Einen besonderen Höhepunkt der einwöchigen Seminarveranstaltung stellte aber zweifellos die Begegnung mit Vertretern der „Gesellschaft der Liebhaber der Kultur des Grenzlands“ dar. Mit hochinteressanten Ausführungen schilderte der stellvertretende Vorsitzende dieser Gemeinschaft, Jerzy Rudnicki, Historiker für die Ostgebiete, sehr eindrucksvoll zahlreiche menschliche Begebenheiten über die Vertreibung seiner Volksgruppe aus der Ukraine und deren Neuansiedlung in Polen, insbesondere in die nach dem Zweiten Weltkrieg meist schon verlassenen Häusern der vertriebenen deutschen Bewohner. Zu einem umfassenden Vortrag über die aktuelle Lage der deutschen Minderheit in Niederschlesien hatte schließlich noch die Deutsche Sozial-Kulturelle Gesellschaft in Breslau in ihre recht komfortable Begegnungsstätte eingeladen und den Seminarteilnehmern herzliche Gastfreundschaft erwiesen.

Eine besondere Bereicherung des Seminarprogramms war ohne jeden Zweifel der Ausflug nach Schweidnitz und die Besichtigung der dortigen evangelischen Friedenskirche aus dem 17. Jahrhundert. Pastor Waldemar Pytel, Bischof der Diözese Breslau der Evangelisch- Augsburgischen Kirche referierte im dortigen UNESCO-Zentrum über die Geschichte seiner Kirche und die heutige, nicht ganz einfache Situation der evangelischen Kirche in Niederschlesien und ging dabei auch auf das äußerst problematische ökumenische Verhältnis mit der heutigen katholischen Kirche in Polen ein.

Schließlich brachte die umfassende Besichtigung der internationalen Jugendbegegnungsstätte Kreisau mit den heute noch vorhandenen Relikten aus vergangener NS-Widerstandszeit, aber auch ein spannendes, sehr verständliches Referat über den deutsch-polnischen Verständigungsprozess 26 Jahre nach dem Nachbarschaftsvertrag von Dr. Robert Zurek, Vorstandsmitglied der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung, die Seminarteilnehmer recht eindrucksvoll zum Thema des Seminars: „über die Spuren der Vergangenheit zu den heutigen partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Polen und Deutschland“ zurück.

Am Ende dieser verständigungspolitischen Seminarreise nach Niederschlesien war BdV-Landesvorsitzende Siegbert Ortmann von dem Ergebnis der Veranstaltung auf sehr hohem Niveau, der erkennbaren Zufriedenheit bei allen Teilnehmern und dem entgegenkommenden Verhalten der polnischen Gesprächspartner vor Ort sehr angetan und wertete dies insgesamt als ganz besonderen Ansporn für weitere derartige Aktivitäten seiner Organisation in der Zukunft.

Text: Siegbert Ortmann
Bild: Bildungswerk

 Die Seminarteilnehmer vor dem Schloß Kreisau. In der ersten Reihe links Siegbert Ortmann.
Die Seminarteilnehmer vor dem Schloß Kreisau. In der ersten Reihe links Siegbert Ortmann.